Papermaking 4.0 von Voith

Vernetzte Lösungen optimieren die Papierherstellung

11.09.2015 - Industrie 4.0, Big Data oder Internet der Dinge – die Vernetzung der Prozesse, die Kommunikation von Maschinen untereinander ist die Zukunft. Möglich machen es der digitale Fortschritt und vor allem ein leistungsstarkes und verfügbares Internet. Voith hat nicht nur einen Blick in die Zukunft gewagt, sondern bietet bereits konkrete Produktlösungen an, die „Papermaking 4.0“ schon heute Realität werden lassen.

Voith leistet mit Papermaking 4.0 einen intelligenten Beitrag, um die Effizienz, Produktivität und Qualität entlang der Wertschöpfungskette im Papierherstellungsprozess, auch in bereits bestehenden Anlagen, zu steigern. „Der Begriff ist ein bewusst gewähltes Analogon zu Industrie 4.0“, sagt Dr. Christian Naydowski, Vice President Technologie für Papermaking 4.0 bei Voith Paper. Doch während in unterschiedlichen Branchen noch diskutiert wird, welche IT-Maßnahmen wohl der Schlüssel zur Smart Factory sind, gibt es bei Voith schon konkrete Produktlösungen und das nicht nur für Neuanlagen.

„Auf den Punkt gebracht geht es uns um drei Aspekte: Visualisierung, Stabilisierung und Optimierung. Wir machen Prozesse, die in der Papiermaschine bei unseren Kunden ablaufen, transparent und versetzen sie durch den Einbau von Aktuatoren und Regelungen in die Lage, diese Prozesse zu stabilisieren. Daraus folgt als logischer Schritt, dass wir die stabilen Prozesses dann auch noch optimieren können.“ Durch die Vernetzung vieler Teilprozesse untereinander und mit z.B. Qualitätsdaten in der Halbstofferzeugung bis hin zum Fertigprodukt entsteht so ein in Geldwert messbarer Nutzen. Hierbei spielt der Verzicht auf übermäßigen Einsatz von wertvollen Ressourcen eine entscheidende Rolle. Energie, Chemikalien, Faserrohstoffe und Zeit sind die Quellen für diese Wertschöpfung.

Den industriellen Wandel als Chance nutzen. Fakt ist, dass das Internet in den letzten Jahren unseren Alltag und damit auch die Wirtschaftsprozesse viel stärker dominiert und verändert hat, als es sich viele vorstellen wollen. Täglich werden mehr als 200 Milliarden E-Mails versandt, die Suchmaschine Google bewältigt jeden Tag rund 3,5 Milliarden Suchanfragen und auf YouTube werden täglich 8,4 Milliarden Videos angeschaut. Die Zahlen stammen aus dem März dieses Jahres und es ist anzunehmen, dass der Trend anhalten wird.
„Nur wer sich dieser aktuellen Entwicklung stellt und diesen Welten-Wandel als Chance versteht, der wird die noch vorhandenen Exzellenzpotentiale heben und neue erschließen können“, ist sich Dr. Naydowski sicher. Und wie bei allen technologischen Entwicklungen gehe mit ihrer wachsenden Akzeptanz auch eine steigende Erwartungshaltung der Menschen einher. Heißt konkret für Voith: „Unsere Kunden wollen vorgedachte Lösungen, die einen klaren Mehrwert und einen wirtschaftlich darstellbaren Nutzen bieten. Industrie 4.0 sehen wir als Betätigungsfeld für neue Businessmodelle, vorausgesetzt man beherrscht die fünf dafür entscheidenden Technologiefelder.“ Und diese sind: die Embedded Systems (Cyber Physical Systems, CPS), Smart Factory, robuste Datennetzwerke, Datenaustausch in Echtzeit und die absolute IT-Sicherheit.

Die Zukunft: produktiver und kostengünstiger sein. Um der Welt der neuen digitalen Möglichkeiten näher zu treten, lohnt sich ein Blick in den analogen Rückspiegel: Übersetzt in die Papiermaschinentechnologie von Voith heißt das in Zahlen. Eine moderne Kartonmaschine vereint bereits 20.000 IO (Input/Output Vorgänge), sendet pro Sekunde rund 160.000 Datensignale aus, lässt 7.000 Aktuatoren für sich tätig werden. Um dies zu ermöglichen, wurden in dieser Maschine 900 Tonnen Kupferkabel verlegt. Auch bei diesen Zahlen meint Dr. Naydowski, dass sich diese angesichts des technologischen Fortschritts mit der nächsten Maschine „auf jeden Fall vermehren“ würden. „Aber genau das wollen wir nicht mehr. So lassen sich heute z. B. Kupferkabel durch moderne, schnelle LAN Netzwerke reduzieren, obgleich sich die Anzahl der Signale deutlich erhöhen wird. Das ist heute mit dem Internet möglich.“

Voith hat sich zum Ziel gesetzt, mit technologischen Entwicklungen die Zukunft mitzugestalten, so dass in der Papierindustrie zugleich Kosten reduziert und die Produktivität und Flexibilität erhöht werden. Voith hat konkrete Zahlen für dieses ambitionierte Ziel hinterlegt, sagt Dr. Naydowski: „10 Prozent mehr Produktivität und 10 Prozent weniger Kosten sind für uns absolut realistisch.“

Die digitale Lösung: OnEfficiency und OnCare. Um Potenziale in der Papiermaschine besser nutzen zu können, entwickelte Voith OnEfficiency. Mit diesem System, das aus mehreren Teilsystemen besteht, werden Prozesse stabilisiert und Handlungsspielräume für Optimierungen geschaffen. So können die Ausbeute bei der DIP Flotation erhöht oder mit minimalem Stärkeeinsatz die Festigkeitsziele bei Karton und die Porosität von Zeitungsdruck- oder Basisrohpapieren bereits an der laufenden Papierbahn bewertet und auf eine Zielgröße gesteuert werden. OnEfficiency Forming greift ins Herz der Papierherstellung ein, in die Blattbildung, die mit einem Paket von Sensoren gemessen und analysiert wird. Auf diese Weise lassen sich Entwässerung, Retention und Flockung stabilisieren und gleichzeitig koordinieren. In der Folge spart man durch den stabilen Prozess Rohstoffe und Hilfsmittel, der Energieeinsatz verringert sich.

An dieser Stelle schließt sich der Kreis zu den von Dr. Naydowski eingangs erwähnten drei Aspekten: Visualisierung, Stabilisierung, Optimierung. Sensoren und Aktuatoren bilden die technische Grundlage für eine Visualisierung, für die Schaffung von Transparenz über die einzelnen Prozesse in einer Papiermaschine. Ob mit OnEfficiency Forming oder OnEfficiency DIP, der im Deinking Prozess den nachfolgenden Flotations- und Bleicheprozess proaktiv anpasst und damit den Einsatz von Altpapier, Energie und Chemikalien verringert – auch hierbei geht es um Prozessstabilisierung, die in der Konsequenz dem Papiermacher einen Kostenvorteil bringt.

Stabile Prozesse: weniger Kosten und konstante Qualität. Damit nicht genug: Jedem Papiermacher geht es um eine möglichst konstante Qualität. „Doch die Realität sieht meist anders aus. Wenn bei Maschinenanlauf die Papierqualität noch stimmte, verändern sich die Werte schon nach Wochen oder Monaten“, weiß Dr. Naydowski. Voith-Messungen bei unterschiedlichen Papiermaschinen über einen längeren Zeitraum haben ergeben, dass die definierten Korridore ob bei Entwässerung, Retention, Formation oder Porosität im Laufe der Zeit verlassen werden. Die grundlegende Erkenntnis ist, dass eine enorme Datenmenge wie sie bei der Papierherstellung vorliegt, über längere Intervalle nicht per Hand optimal gesteuert werden kann. Aber genau das leistet „Papermaking 4.0“ von Voith mit seinen verschiedenen Systemen. OnCare ist ein weiteres dieser Systeme. Es erkennt schon kleinste Störungen, diagnostiziert beispielsweise Anfangsschäden von Walzenlagern bevor sie zu Problemen führen und verhindert damit ungeplante und kostenintensive Maschinenstillstände.

OnCare überwacht wichtige Bereiche der Papiermaschine online, etwa die Druckpulsation im Konstanten Teil oder die Schwingungen von Pressen, Streichaggregaten und Kalandern. Bei Auffälligkeiten im Papier wird per zeitsynchroner Mittelwertbildung automatisch die Ursache ermittelt. Eine hochfrequente Online-Analyse untersucht Qualitätsdaten wie Flächengewicht, Dicke und Feuchte. Mit diesem Analysewerkzeug hat Voith sowohl eine mobile wie festinstallierte Datenerfassungsmöglichkeit geschaffen. Bedienung und Schnelldiagnose erfolgen bei der mobilen Version mit jedem mobilen Endgerät direkt an der Maschine.

Papermaking 4.0 – schon in der Praxis erprobt. Ob Visualisierungs- oder Stabilisierungslösungen, die intelligente präventive Wartung, die sich quasi von selbst ankündigt und durchführt, bevor der Papiermacher an der Maschine dies weiß – die Welt von Papermaking 4.0 ist durch Voith bereits existent und in der Praxis erprobt. Zahlreiche Voith-Kunden setzen bereits auf OnEfficiency- und OnCare-Systeme. „Wir können an vielen Beispielen belegen, dass sich Papermaking 4.0, der Einsatz von intelligenten Systemen, die sich mit anderen Systemen vernetzen, binnen weniger Monate rechnet und die angepeilten Kosten- und Optimierungseffekte bringen“, sagt Dr. Naydowski und zitiert einen Voith-Kunden, der sagte: „Wir schätzen OnEfficiency wirklich sehr, so sehr, dass wir mit niemand darüber sprechen.“ Und ein weiteres Element ist neu: OnEfficiency ist modular aufgebaut. Jedes Modul erzeugt für sich genommen bereits messbaren Nutzen. Konsekutiv installiert vernetzen sich die Module miteinander. Am Ende entsteht ein Papermaking 4.0 Konzept.
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