Service-Team gewinnt Wettlauf gegen die Zeit

Boxenstopp unter der Erde

Die Erneuerung der Kugelschieber im Henry-Borden-Komplex im brasilianischen Cubatão ist ein Wettlauf gegen die Zeit.

Der Tag, an dem sich Dimítrius Almeida auf den Weg zur Arbeit macht, fühlt sich ein wenig an wie der Tag des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft. Monatelang hat sich das Team auf dieses Finale vorbereitet, Ersatzteile und Werkzeuge liegen griffbereit, Notfallpläne sind geschrieben, alle Ersatzspieler in Position.

Dutzende Male haben der Voith Hydro Projektleiter und die Teams in Cubatão und in der Fertigungshalle von Voith Hydro in São Paulo den Ablauf geprobt. In dem Moment, in dem der Mitarbeiter der lokalen Wasserbehörde Empresa Metropolitana de Aguas e Energia (EMAE) dem Team bestätigt, dass der Druck in der Druckleitung 720 Meter über dem Meeresspiegel null beträgt, beginnt die Uhr zu ticken.

Denn nur 45 Stunden bleiben den Service-Experten von Voith Hydro, um einen der sechs Kugelschieber des unterirdischen Wasserkraftwerks Henry Borden auszutauschen. Grund für die Eile ist eine geologische Besonderheit: Auf das im Berg installierte Fallrohr wirkt der Druck des umgebenden Grundwassers. Ohne den Gegendruck des durchströmenden Wassers besteht die Gefahr, dass die Carbon-Ummantelung des Rohres beschädigt wird und sich das Rohr aufwölbt. Berechnungen haben ergeben, dass dieser Effekt nach etwa 45 Stunden eintritt.

HyService für Henry Borden

HyService für Henry Borden:
Im Rahmen des Serviceprojekts ist Voith Hydro mit der Erneuerung der sechs Kugelschieber sowie des digitalen Kontrollsystems beauftragt.

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Tag 1

Jetzt wird es spannend

Jetzt wird es spannend: Das Team hat alles für den neuen Kugelschieber vorbereitet. Die Uhr tickt.

Nur 45 Stunden bleiben dem HyService Team

Nur 45 Stunden bleiben dem HyService Team für den Austausch des Kugelschiebers. Mit der Demontage des alten Gerätes ist etwa die Halbzeit erreicht.

60 Tonnen, 1,2 Meter Durchmesser

Mittlerweile hat das Team einige Erfahrung mit dieser Aufgabe. Schließlich ist es bereits der dritte von insgesamt sechs Kugelschiebern, die im Rahmen des Instandhaltungsprojekts ausgetauscht und erneuert werden. Jeder wiegt 60 Tonnen und hat einen Durchmesser von 1,2 Metern. Der Wartungskandidat wird gegen einen bereits erneuerten Kugelschieber ausgetauscht.

Was in der Theorie einfach klingt, birgt in der Praxis und unter Zeitdruck einige Herausforderungen. Zwar ist das System modular aufgebaut und alle Kugelschieber sind im Prinzip identisch. Dennoch gibt es je nach Beanspruchung und Betriebshistorie Unterschiede zwischen dem alten und dem erneuerten Gerät. Diese Unterschiede werden bei der Erneuerung im 120 km entfernten Voith Werk in São Paulo beseitigt.

Allerdings können dabei nicht alle Komponenten vollständig vorgefertigt werden. Bei einigen wird die genaue Beschaffenheit erst bei der Demontage sichtbar. In diesem Fall muss das entsprechende Ersatzteil innerhalb des 45-Stunden-Zeitfensters im Werk nachbearbeitet und dann schnell ins Werk geliefert werden. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei dem Austausch des stromabwärts gelagerten Einstellrings zu, der für die Abdichtung und Stabilität des Kugelschiebers sorgt. Sobald der alte Einstellring ausgebaut ist, wird er vermessen und sein mechanischer Zustand akribisch protokolliert. Das Protokoll geht sofort an das Voith Fertigungsteam in São Paulo.

Der Wasserkraftwerkskomplex Henry Borden in Cubatão

Der Wasserkraftwerkskomplex Henry Borden in Cubatão verfügt über 14 Maschineneinheiten mit einer installierten Leistung von 889 MW. Er besteht aus zwei Kraftwerken: „External“ mit einer Leistung von 469 MW und „Underground“ mit einer Leistung von 420 MW. Letzteres befindet sich in einer 120 m langen, 21 m breiten und 39 m hohen Kaverne. Der Bau der Anlage begann 1926, die erste Phase wurde 1950 abgeschlossen. Es ist für den Hochwasserschutz sowie für die Wasser- und Energieversorgung der Region São Paulo unverzichtbar.

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Tag 2

Die kritische Phase ist erreicht

Die kritische Phase ist erreicht: Alles wartet auf den Einstellring, der nach letzten Feinarbeiten „just in time“ per LKW aus São Paulo angeliefert wird.

Der Transport vom Voith Werk

Der Transport vom Voith Werk verlief reibungslos, der neue Einstellring ist pünktlich bei Henry Borden eingetroffen. Alles passt – dank der präzisen Abstimmung zwischen Werk und Anlage.

Chirurgische Präzision auf engstem Raum

Dort liegt bereits ein Rohling des Rings bereit, an dem nun die Feinarbeiten vorgenommen werden, damit er exakt dem Bauteil in Cubatão entspricht. Ist das Teil fertig, wird es auf einen Lastwagen verladen und auf den Weg ins Werk geschickt – knapp drei Stunden dauert die Fahrt. Dort angekommen, beginnt das Montageteam mit dem Einbau.

Um das alles in dem engen Zeitrahmen zu schaffen, sind monatelange Vorbereitungen nötig. Jede Position der Mitarbeiter, Bauteile und Werkzeuge ist genau festgelegt. Dabei ist die Arbeit auf engstem Raum unter Tage nicht ungefährlich. Deshalb wird unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen gearbeitet.

„Die Anspannung bei einem solchen Projekt ist wie bei einem Boxenstopp in einem Formel-1-Auto, es gibt keinen Spielraum für Fehler“, sagt Projektleiter Dimítrius Almeida, der fast durchgängig vor Ort bei Henry Borden ist. Zweimal hat das Team die Aufgabe bereits gemeistert. Für den ersten überholten Kugelschieber hatte es 37,5 Stunden gebraucht, für den zweiten sogar nur 36 Stunden. „Aber es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren, das uns weit zurückwirft, und darauf muss man vorbereitet sein.“

Die Anspannung bei einem solchen Projekt ist wie bei einem Boxenstopp in einem Formel-1-Auto, es gibt keinen Spielraum für Fehler. Aber es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren, das uns weit zurückwirft, und darauf muss man vorbereitet sein.
Dimítrius Almeida, Projektleiter

Austausch des Kugelventils im Zeitraffer

Am Ziel

Auch diesmal schafft es das Team: Nach knapp 39 Stunden sind alle Verbindungen, Ventile und der Einstellring korrekt eingebaut. Ein letzter Check der Anlage, dann ist es so weit: Der EMAE-Mitarbeiter öffnet den Wassereinlass des Fallrohrs, das Wasser kann wieder mit voller Kraft auf den runderneuerten Kugelschieber zufließen.

Das ist wie das Erreichen der Ziellinie. So ein Projekt ist einzigartig, dafür gibt es keine Blaupause. Umso wichtiger ist die Erfahrung, über die wir bei Voith weltweit verfügen. Entscheidend für den Erfolg ist aber vor allem eines: die reibungslose Zusammenarbeit zwischen dem Kunden und unseren Teams im Werk und vor Ort sowie den Experten, die uns im Voith Hydro Netzwerk weltweit zur Seite stehen.
Leandro Lucas Pereira Silva, Vertriebsleiter, zuständig für die Kundenbetreuung
Entfesseln Sie ungenutzte Potenziale Ihres Wasserkraftwerks
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