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Die vertikale Revolution

Innovative Maschine zur Zellstofftrocknung

22.11.2013 - Wer technischen Fortschritt will, muss auch solche Dinge neu überdenken, die jahrzehntelang Gesetz waren, quasi als unverrückbar galten. Eine dieser Wahrheiten: Die Zellstoffbahn läuft grundsätzlich horizontal durch die Trockenpartie. Doch Anfang 2012 nahm Voith eine Versuchsmaschine zur Zellstofftrocknung in Betrieb, die mit diesem Grundsatz bricht. Eine technische Revolution.

„Durch unsere Pilotmaschine haben wir ganz neue Möglichkeiten bei der Weiterentwicklung und Erprobung unserer Zellstofftechnologie“, sagt Marcelo Karabolad dos Santos, Entwicklungschef für Zellstofftrocknungsmaschinen. „Wir können Versuche für Kunden fahren, neue Produkte entwickeln und Produktionsparameter für neue Maschinen simulieren.“

Die Pilotmaschine ist im Innovation Center von Voith Paper in São Paulo installiert. Mit etwa 55 m Länge und 0,5 m Bahnbreite bildet sie den gesamten Prozess der Zellstoffherstellung vom Screening bis zum Schneiden und Verpacken ab. Das Augenmerk bei der Entwicklung der Linie lag auf der Verringerung des Energieverbrauchs und der Steigerung der Produktivität.

Weniger Energie. Die vertikale Trockenpartie ist nicht die einzige spannende Maschinensektion. Auch die anderen Partien warten mit innovativen, gleichzeitig aber bewährten Technologien auf, bei denen Voith auf lange Erfahrung zurückgreifen kann. So verbraucht etwa das Screening durch ein neues Korb- und Rotor-Design bis zu 30 % weniger Energie. Der MasterFormer besteht aus einer Siebpartie für die Vorentwässerung mit anschließendem Doppelsiebformer mit Hochspannung. Dieser ist in der Lage, die Faserbahn maximal zu entwässern und das Vakuum signifikant zu reduzieren. Folge: Weniger Energie wird verbraucht.

Die Pressenpartie basiert im Wesentlichen auf der Schuhpressentechnologie, die seit langem sehr erfolgreich in konventionellen Papiermaschinen eingesetzt wird. Die MasterFlex Presse mit zwei Schuhpressen kann mit sehr hohem Liniendruck arbeiten. Dies führt beim Einsatz von Eukalyptus als Rohstoff zu einem hohen Feststoffanteil von fast 60 % nach dem Pressen. Zudem sinkt der Dampfverbrauch im nächsten Schritt oder es kann eine höhere Produktion erzielt werden. Ferner verbessert dies die Laufeigenschaften der Maschine, sodass es zu weniger Abrissen aufgrund des hohen Trockengehalts nach der ersten und zweiten Presse kommt.

Von horizontal zu vertikal. Zur technischen Revolution wird die Sache allerdings in der sich anschließenden Trockenpartie. Anders als bei sämtlichen bis dahin entwickelten und gebauten vergleichbaren Maschinen läuft der Zellstoff in São Paulo nicht horizontal, sondern vertikal durch die Trocknung.

Bei dem patentierten Verfahren wird die Stoffbahn vertikal mittels Zellstoffleitwalzen geleitet. Zwischen den Leitwalzen sind Dampfblaskästen installiert, die die Stoffbahn beidseitig trocknen. Geführt und stabilisiert wird die Stoffbahn ausschließlich durch die Leitwalzen; eine Unterstützung durch den Luftstrom ist somit nicht mehr nötig. Das bedeutet, dass dieser anders als beim horizontalen Verfahren vollständig der Trocknung dienen kann, wodurch sich die Effizienz der Luftpralltrocknung deutlich erhöht.
„Ein vertikaler MasterDryer lässt sich in Minuten reinigen …“
Marcelo Karabolad dos Santos, Entwicklungschef für Zellstofftrocknungsmaschinen bei Voith Paper
Zweiter Vorteil. Da die Stillstandzeiten nach einem Abriss beim vertikalen MasterDryer erheblich kürzer sind, verbessert sich die Maschineneffizienz. Karabolad dos Santos erklärt: „Ein vertikaler MasterDryer lässt sich in Minuten reinigen, bei der konventionellen horizontalen Anlage dauert das dagegen einige Stunden.“ Grund dafür ist, dass bei einer horizontalen Trockenpartie die gerissene Zellstoffbahn auf die Dampfblaskästen fällt und aufwändig entfernt werden muss. Im vertikalen Trockner hingegen fällt die Zellstoffbahn einfach zwischen den Dampfblaskästen hindurch und wird zum Pulper befördert. Darüber hinaus ermöglicht der MasterDryer eine zonenweise Temperaturkontrolle, die den Trocknungsprozess verbessern kann.

Die Schneidemaschine, die vom spanischen Unternehmen Pasaban zugeliefert wird, arbeitet mit synchronisierten Messern. Dieses System verbessert nicht nur die Schnittqualität, sondern mindert auch den Geräuschpegel sowie Vibrationen, wodurch höhere Geschwindigkeiten möglich werden.
„Mit Hilfe des vertikalen Trockners sind wir heute in der Lage, die Trockenkapazität um bis zu 15 % zu steigern.“
Luís Künzel, Generaldirektor von Lwarcel Cellulose
Erster zufriedener Kunde. Die Pilotmaschine läuft seit Anfang 2012 und es gibt bereits einen ersten zufriedenen Kunden, der auf die vertikale Trocknungstechnologie setzt: Bei Lwarcel Celulose in Lençóis Paulista im Bundesstaat São Paulo läuft seit Juni 2012 mit großem Erfolg eine vertikale Trockenpartie.

Und bei dieser Anlage zeigt sich ein dritter Vorteil der Technologie. Der Kunde wollte die Trockenkapazität seiner bestehenden Maschine erhöhen, hatte aber nicht genug Platz, um eine weitere horizontale Trockengruppe zu installieren. Der MasterDryer von Voith überzeugte, da er zwar hoch, aber eben nicht lang ist. Luís Künzel, Generaldirektor von Lwarcel Celulose, zeigt sich beeindruckt: „Während der gesamten Umbauphase, die etwa sechs Monate dauerte, konnte die vorhandene horizontale Trockenpartie weiterlaufen. Mit Hilfe des vertikalen Trockners sind wir heute in der Lage, die Trockenkapazität um bis zu 15 % zu steigern.“ //
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