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Nachhaltigkeit
Bremsen für das Klima
Die EU-Ziele, den CO2-Ausstoß des Schwerlastverkehrs rasch zu senken, lassen sich ohne Änderungen am Lkw-Antriebsstrang nicht erreichen. Das wasserbasierte und abschaltbare Dauerbremssystem Voith ECO Retarder hilft, Emissionen und Kosten zu reduzieren.
Beim Reduzieren von Treibhausgasen gibt die EU Vollgas – und droht dabei die Fahrzeugindustrie zu überrollen. Schon bis 2025 soll der CO2-Ausstoß neuer Lkw im Durchschnitt um 15 Prozent sinken, bis 2030 sogar um 30 Prozent. Das sehen die ersten europäischen CO2-Emissionsnormen für Lastkraftwagen und andere schwere Nutzfahrzeuge vor. Ebenso wie drakonische Geldstrafen: Die sogenannte Emissionsüberschreitungsabgabe von 4.250 bis 6.800 Euro pro Gramm CO2 pro Tonnenkilometer könnte selbst große Nutzfahrzeughersteller in ihrer Existenz gefährden, warnte bereits der Verband der deutschen Automobilindustrie.
Die Branche steckt in einem Dilemma. Die EU-Emissionsziele lassen sich nur durch erhebliche weitere Einsparungen beim Kraftstoffverbrauch erreichen. Weil der aber einer der wesentlichen Kostenfaktoren der Logistik ist, steht er ohnehin längst im Lastenheft. Große Sprünge sind daher unwahrscheinlich. Den Herstellern bleibt nichts anderes übrig, als über den Diesel hinauszudenken und alternative Antriebssysteme ebenso in ihre Planungen einzubeziehen wie Komponenten, die zu noch höherer Effizienz und damit zur CO2-Reduktion beitragen.
Treibhausgas-Ausstoß in der EU
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Treibhausgas-Emissionen des Straßenverkehrs
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Geplante Reduktion von CO2 Emission neuer Lkws
Dauerbremssystem für alternative Antriebe
Eine Schlüsselrolle bei künftigen (teil-)elektrifizierten Lkw kommt dabei dem Antriebsstrang zu. „Der konventionelle Verbrennungsmotor entfällt und damit auch seine Motorbremse – daher benötigt der Kunde als Substitution ein Bremselement, das im Idealfall gleichzeitig Energie abführt, sobald diese nicht mehr gespeichert werden kann“, erklärt Gunther Kraft, Vice President Truck OEMs bei Voith. Wie das beschaffen sein kann, zeigt exemplarisch ein neues, besonders umweltfreundliches Dauerbremssystem des Konzerns. Der Voith ECO Retarder – eine effizienzoptimierte Weiterentwicklung der etablierten Voith Retarder – lässt sich an alternative Antriebe anpassen. Dabei verfügt er über eine integrierte, elektronisch gesteuerte Einheit zur Drehzahlsynchronisation zwischen Retarder-Antriebswelle und Rotorwelle. Mit ihrer Hilfe lässt sich der Rotor bei ausgeschaltetem Retarder mechanisch vom Antriebsstrang entkoppeln, sodass an der stehenden Rotorwelle keine Verlustleistungen entstehen. „Dadurch senken wir den Verbrauch und infolgedessen auch die CO2-Emissionen“, macht Kraft deutlich.
Mehrfachnutzen bei CO2-Zertifizierung
Neben diesen Verbesserungen stehen für den Manager aber die prinzipiellen Vorteile im Vordergrund, die sich mit dem Voith ECO Retarder bei „grünen“ Lkw verbinden. „Zum einen müssen Hersteller die bei elektrischen schweren Lkw wegen der möglicherweise vollgeladenen Batterie nicht verfügbare Motorbremse ersetzen, um weiterhin den gesetzlichen Anforderungen wie dem Typ-IIa-Test zu entsprechen. Zum anderen ergibt sich durch den Verkauf elektrischer Lkw für die Hersteller ein weiterer Vorteil im Flottenverbrauch, der ihnen als Bonusfaktor auch bei konventionell angetriebenen Lkw angerechnet wird“, argumentiert Kernke.
„So entsteht für sie ein Mehrfachnutzen.“ Um OEMs die Integration in den jeweiligen Antriebsstrang zu erleichtern, definiert Voith einen Baukasten, der präzise auf die Anwendung am elektrifizierten Fahrzeug ausgelegt ist und zum Beispiel das Zusammenspiel des Voith ECO Retarder mit dem Energiemanagement und der Rekuperation regelt. „Wir müssen sowohl mechanische als auch elektronische Anforderungen erfüllen und zudem die optimale Systemintegration sicherstellen, und passen die Lösungen für jeden OEM an“, fasst Kraft zusammen. Das Konzept und dessen Flexibilität überzeugen. Kunden würden schon Interesse signalisieren, den neuen ECO Retarder speziell mit Wassertechnologie in alternativen Antrieben einzusetzen, betont der Voith Experte.
Auch sein Kollege Joachim Kernke sieht gute Perspektiven für das neue Dauerbremssystem. „Wir sind gerade bei der Marktanalyse. Heute werden circa vier von zehn Lkw in Westeuropa mit Retarder verkauft – für elektrisch angetriebene schwere Lkw, insbesondere Fuel-Cell-betriebene, erwarten wir eine deutliche höhere Retarder-Durchdringung.“
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