Geschichten aus der Welt des Papiers

Wie Karton in Krisengebieten hilft
Nach dem Beben: Grundschüler in der Provinz Sichuan freuen sich über ihre neue Schule aus Karton (Foto: Li Jun)

16.12.2014 - Der Japaner Shigeru Ban erschafft Gebäude aus Kartonröhren. Wohnhäuser, Schulen und sogar Kirchen errichtet der Architekt aus dem ungewöhnlichen Baustoff. Seit mehr als 20 Jahren engagiert er sich in Krisengebieten mit dem Aufbau von Notunterkünften aus Karton. Im Juni 2014 erhielt Shigeru Ban den angesehenen Pritzker-Architektur-Preis.

Shigeru Ban verwendet Karton als Baumaterial für seine Hilfsprojekte aus mehreren Gründen. Er ist jederzeit weltweit verfügbar, kostengünstig, einfach zu transportieren, leicht aufzubauen und auch wieder leicht zu demontieren. Zusammen mit anderen Freiwilligen errichtet er Notunterkünfte für Erdbebenopfer und Kriegsflüchtlinge. Im Jahr 1995 hat Ban eigens dafür die Hilfsorganisation „Voluntary Architects’ Network“ gegründet. Er möchte seine Erfahrungen und sein Wissen als Architekt einsetzen, um die Situation der Betroffenen in den Krisengebieten zu verbessern.
Eine Kirche aus Karton. Die neuseeländische Stadt Christchurch wurde im Frühjahr 2011 von einem Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richterskala heimgesucht. Am stärksten betroffen war der Stadtkern, wo auch die Kathedrale gestanden hatte. Da das Bauwerk fast vollständig zerstört war, beschloss die Gemeinde, Shigeru Ban mit dem Bau einer Übergangskirche zu beauftragen. Im August 2013 wurde die Ersatzkathedrale aus Kartonröhren in Christchurch eingeweiht. Sie war das erste öffentliche Gebäude der Stadt, das nach dem Beben fertig gestellt wurde.
Die 21 Meter hohe Dachkonstruktion besteht im Wesentlichen aus 96 Kartonröhren mit einem Durchmesser von jeweils 60 cm, die mit wasser- und feuerfesten Beschichtungen versehen wurden. Die Wände bestehen aus acht ausgemusterten Schiffscontainern. Als weitere Baustoffe wurden noch Holz und Glas verwendet. Das Gebäude hat ein Fassungsvermögen von 700 Plätzen und eine Lebensdauer von rund 20 Jahren. Neben den Gottesdiensten finden dort auch zahlreiche Konzerte und Ausstellungen statt.
Weltweite Katastrophenhilfe. Shigeru Ban reist um die ganze Welt und hilft beim Wiederaufbau in Krisengebieten. Er war unter anderem auf den Philippinen, in Haiti und Ruanda, wo er den Betroffenen bei dem Bau von Notunterkünften geholfen hat. Nach dem schweren Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan im Jahr 2008 erhielt Shigeru Ban den Auftrag, in der Stadt Chengdu eine Grundschule zu planen. Zusammen mit 120 Freiwilligen hat er während der Sommerferien, innerhalb von nur 40 Tagen, drei neue Schulgebäude aus Karton errichtet.
Die Verleihung des Pritzker-Preises. Im Juni 2014 wurde Shigeru Ban der Pritzker-Preis verliehen, eine international sehr angesehene Auszeichnung für zeitgenössische Architekten. „Ich habe absolut nicht gedacht, dass ich dafür infrage komme“, sagt der Preisträger. „Ich denke, das bedeutet, dass ich das, was ich bisher gemacht habe, fortsetzen soll.“ Einerseits wurde er dafür geehrt, elegante und innovative Gebäude für private Auftraggeber zu schaffen. Andererseits galt der Preis seiner kreativen Verwendung von unkonventionellen Materialien bei seinen vielen Hilfsaktionen in Krisengebieten weltweit.//
„Ich glaube, dass das Material selbst nicht stabil sein muss, um zum Bau einer stabilen Struktur verwendet zu werden. Die Stärke der Konstruktion hat nichts mit der Stärke des Materials zu tun.“
Shigeru Ban, japanischer Architekt
Quellen:

http://www.shigerubanarchitects.com/
http://www.cardboardcathedral.org.nz/
http://en.wikipedia.org/wiki/Christchurch
http://en.wikipedia.org/wiki/Cardboard_Cathedral
http://en.wikipedia.org/wiki/Shigeru_Ban
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/pritzker-preis-shigeru-ban-bekommt-den-architektur-oscar-a-960591.html
http://aiare.org/quote-129-shigeru-ban/

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