Budarhals

Hinhören lohnt sich

Intelligente Geräuschanalyse im Wasserkraftwerk Budarhals

Man könnte einfach warten, bis eine Maschine ausfällt und repariert oder ersetzt werden muss – aber Landsvirkjun und Voith stehen für einen nachhaltigeren Ansatz. Ein Wasserkraftwerk in Island lässt präventiv von sich hören: mit Hilfe von Machine Learning, künstlicher Intelligenz und anderen zukunftsweisenden Technologien.

„Etwas klingt da seltsam – wie bei einem Auto, mit dessen Bremsen etwas nicht stimmt. Lasst uns die ungewöhnlichen Geräusche überprüfen, um rechtzeitig einen möglichen Stillstand zu verhindern.“. So oder ähnlich sollten Betreiber von Wasserkraftwerken im Zuge von Reparatur- und Wartungsproblemen handeln können. Der Mensch kann mit seinen Ohren jedoch nicht zuverlässig unterscheiden, ob eine Maschine intakt ist oder nicht. Außerdem sind Wasserkraftwerke zumeist nicht durchgehend besetzt.

Für eine vorrausschauende Wartung und optimierten Betrieb sind neue Fähigkeiten erforderlich – hierzu gehört die akustische Anlagenüberwachung. Der isländische Energieversorger Landsvirkjun und Voith haben ein gemeinsames Pilotprojekt zur intelligenten Geräuschanalyse in Wasserkraftwerken gestartet.

Seit Dezember 2018 hilft das installierte akustische Überwachungssystem im Wasserkraftwerk Budarhals, Geräusche zu erkennen, die von normalen Bedingungen abweichen. So wird die Wahrscheinlichkeit reduziert, dass die Maschinen des Kraftwerks ungeplant still stehen. Die kontinuierliche Analyse der Maschinendaten soll Landsvirkjun darüber hinaus eine optimierte Betriebsweise und die gezielte Planung von Wartungsarbeiten ermöglichen. Bereits einige Jahre zuvor hatte Voith die Anlage mit zwei umweltfreundlichen Kaplanturbinen mit wassergefüllten Laufrädern und modernsten Generatoren mit speziell entwickelten bürstenlosen Erregersystemen ausgestattet, die bluetooth- und thyristorgesteuert arbeiten. Letztendlich hat Voith mehr als nur die Hauptkomponenten der elektromechanischen Ausrüstung und der Steuerungssysteme geliefert: Es wurde auch der Grundstein für weitere Modernisierungsmaßnahmen gelegt.

„Wir haben ein System installiert, das den Zustand der Maschinen permanent akustisch auswertet“, erklärt Bastian Berg, Projektleiter und Experte für Automatisierung und Datenanalyse bei Voith. Bastian Berg fügt hinzu: „Für die Überwachung und vorausschauende Wartung des Kraftwerks sind die Mitarbeiter zuständig. Mit dem System OnCare.Acoustic kommt zusätzlich künstliche Intelligenz ins Spiel. So können mögliche Maschinenschäden frühzeitig festgestellt werden.“

Gustavo Arantes
Wir haben ein System installiert, das den Zustand der Maschinen permanent akustisch auswertet.
Gustavo Arantes, globaler Produktmanager für die digitalen Services

Schäden an Anlagenteilen bereits erkennen, bevor sie überhaupt entstehen

Zur Einrichtung des Systems wurden Mikrofone an bestimmten Stellen im Kraftwerk montiert. Sie erfassen die Umgebungsgeräusche der Maschinen, die dann in der BlueBox von Voith zur Vorverarbeitung gespeichert werden. Die endgültige Datenauswertung erfolgt auf der Voith eigenen IIot-Plattform OnCumulus.

In der ersten Lernphase erfasst das System alle akustischen Signale zu Kalibrierzwecken. Dabei werden strenge Datenschutzrichtlinien eingehalten. Die gesammelten Daten werden dann mit denen anderer Wasserkraftwerke verglichen. Die Applikation verknüpft die Betriebsdaten und lernt so, welche Geräusche dem normalen Maschinenverhalten entsprechen. In der zweiten Lernphase kann OnCare.Acoustic Abweichungen vom typischen Geräuschmuster in Echtzeit erkennen. Liegt eine solche Abweichung vor, setzt das System eine Warnung ab und benachrichtigt gleichzeitig einen verfügbaren Servicetechniker des Betreibers.

Optimierung von Betrieb und Wartung

Das Projekt Budarhals in Island ist das erste seiner Art außerhalb der DACH-Region – ein Meilenstein auf dem Weg zur intelligenten Wasserkraft. Darüber hinaus testet Voith dort auch erstmals ein neues Servicemodell für seine Geräuschmusteranalyse. Das System folgt einem datenbasierten Ansatz und soll Kraftwerksbetreibern helfen, sowohl den Betrieb als auch die Wartung zu optimieren. „In der Anfangsphase, nach Installation des Systems im Kraftwerk, haben wir täglich etwa 15 unbekannte Umgebungsgeräusche festgestellt. Diese ersten Daten müssen manuell analysiert und dokumentiert werden“, erläutert Bastian Berg.

Mit zunehmender Dauer des Pilotprojekts soll das System immer autonomer arbeiten und mehr Geräusche erkennen. Die gesammelten Daten werden in Kombination mit verschiedenen Leistungskennzahlen von den Voith-Experten und einem Team von Datenanalysten ständig analysiert und auf komplexe Zusammenhänge untersucht. Die Ergebnisse werden dem Kraftwerksbetreiber als regelmäßiger Bericht zur Verfügung gestellt und ermöglichen die Optimierung von Betrieb und Wartung. Dabei wird der Inhalt des Berichts laufend an die Kundenbedürfnisse angepasst und der Mehrwert gemeinsam mit dem Kunden überprüft. „Mit unserer Geräuschmusteranalyse können wir den Betreibern von Wasserkraftwerken in Zukunft z. B. den idealen Zeitpunkt für den Austausch mechanischer Komponenten nennen. Wartungsarbeiten und anstehende Reparaturen können auf diese Weise transparent und sehr effizient geplant werden“, verspricht Bastian Berg.

Die Zukunft des Kraftwerks Budarhals

Die Anlage in Budarhals wurde 2014 offiziell eröffnet und hat eine installierte Leistung von 95 Megawatt. Sie verfügt über eine Kapazität von rund 585 Gigawattstunden pro Jahr. Mit diesem aktuellen Pilotprojekt setzt Voith seine lange Geschäftstradition in Island erfolgreich fort und trägt darüber hinaus zum nächsten großen Schritt des Landes in Richtung erneuerbare Energieerzeugung bei. Budarhals hat den Sprung vom hochautomatisierten zum intelligenten Kraftwerk geschafft: ein Paradigma für die Zukunft der Wasserkraft.

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Gustavo Arantes

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