Charterflug für Ersatzteile

Die 95 Meter lange Edda Flora gehört seit 2008 zur Flotte der norwegischen Reederei Østensjo. Das 1974 gegründete Unternehmen mit Sitz in Haugesund betreibt zurzeit gut 40 Schiffe. Diese bieten unterschiedlichste hochwertige maritime Dienstleistungen für Partner in den Märkten Offshore Energy, Towage, Accomodation und in den vergangenen Jahren zunehmend auch Offshore Wind an. Seit vielen Jahren setzt Østensjo in seiner Flotte auch auf den Voith Schneider Propeller (VSP) . Dessen außergewöhnliche kurzen Reaktionszeiten auf schnelle Richtungswechsel und Schubveränderung prädestinieren das Antriebskonzept für alle Anwendungen, in denen schnelles, sicheres präzises Manövrieren auch unter widrigen Wetterbedingungen eine Grundvoraussetzung für die Sicherheit von Schiff und Crew sind – so wie in der Nordsee, dem wichtigsten Einsatzgebiet der Schiffe von Østensjo.

Im Zuge der mehrwöchigen regulären Wartungsarbeiten an der mit zwei VSP-Typ 36R6-300-2 ausgerüsteten Edda Flora stellte sich heraus, dass die Schwingen an einem der jeweils 3.600 kW starken Propeller Untermaß hatten. „Über kurz oder lang hätte dies zu einem Ausfall des Antriebs führen können, so dass das Schiff seinen Auftrag unterbrechen müsste“, erklärt Frank Horn, Manager Field Service Marine bei Voith. Ein Ausfall hätte mindestens eine längere kostspielige Servicezeit bedeutet. Zudem wäre der wirtschaftliche Schaden immens. Denn der Terminplan des LCV ist gut gefüllt.

Ein sofortiges Ersetzen der sechs Schwingen noch während des mehrwöchigen Serviceslots wurde daher kurzfristig auf die Agenda genommen. Für das Serviceteam von Voith bedeutete dies in mehrfacher Weise eine Herausforderung. Denn die Schwingen gehören nicht zum üblichen Umfang von Wartungen. Normalerweise müssen sie niemals ausgetauscht werden. Daher gab es auch keine Schwingen vor Ort. Verfügbare Teile in passende Größe mussten also zwangsläufig zunächst gefunden werden, um sie dann in kurzer Zeit zum Dock zu transportieren.

Zusätzliche Hürde dieser Herausforderung: Der Schaden wurde an einem Freitag identifiziert. Dennoch konnte das Voith Service-Team sechs verfügbare Schwingen vor Beginn des Wochenendes im Lager ausfindig machen.

Die Mitarbeitenden mussten nur noch einen Weg finden, diese per Sonderlieferung nach Norwegen zu verfrachten. Dies war zunächst eine logistische Herausforderung ¬– auch weil das skandinavische Land kein Mitglied der EU ist und der Handel daher besonderen Regularien unterliegt. „Als schnellste und praktikabelste Transportmöglichkeit erwies sich ein Charterflug, den wir für den folgenden Dienstag buchen konnten“, so Horn. Auch die vielen verwaltungstechnischen Details mussten in diesem kurzen Zeitfenster geklärt werden.

Noch während des Wochenendes wurden die Schwingen transportfähig gemacht und mit Østensjo die Modalitäten fixiert, die ein effizientes Abwickeln der Ersatzteil-Lieferung ermöglichten. Auch das Management von Voith erteilte noch übers Wochenende eine Sonderfreigabe für die ungewöhnliche Ersatzteil-Lieferung. Somit stand dem Versand am Dienstag nichts mehr im Wege.

Dienstagabend waren die Ersatzteile am Dock. Zwischenzeitlich passte das Serviceteam die Wartungsarbeiten an die neuen Gegebenheiten an. Ziel: Trotz der zusätzlichen Herausforderung sollten die Arbeiten fristgerecht umgesetzt werden. Die Nachtschicht des fünfköpfigen Montageteams von Voith und der Werft konnten unverzüglich mit der Wiedermontage der Anlage beginnen. Das Voith-Montageteam bestand aus vier kompetenten Spezialisten – jeweils zwei für die Tag- und Nachtschichten – sowie dem Montageleiter.

Dank der umfassenden Erfahrung des Voith-Teams liefen die restlichen Montagearbeiten reibungslos. Trotz des engen Zeitfensters konnte das gesamte Team (Kunde, Werft und Voith) den überholten Antrieb zum geplanten Termin übergeben. Die Wartung der Edda Flora wurde pünktlich abgeschlossen. Mittlerweile ist das Schiff wieder im Einsatz – meist an den Öl- und Gasfeldern in der rauen Nordsee. Die VSP verrichten dabei wieder in gewohnter Zuverlässigkeit ihren Dienst.