Wie die Modernisierung des Kraftwerks Mount Coffee die Entwicklung Liberias vorantreibt
Für die Menschen in und um Liberias Hauptstadt Monrovia gehört eine stabile Stromversorgung heute zum Alltag. Die Wirtschaft kann wachsen und der Lebensstandard verbessert sich. Das war nicht immer so. Anstoß der Entwicklung ist die Modernisierung des Wasserkraftwerks Mount Coffee.
Als die Liberianische Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf am 15. Dezember 2016 die Inbetriebnahme des ersten Bauabschnitts des Kraftwerks Mount Coffee mit internationalen Gästen feiert, weiß sie, dass ihr Land einen entscheidenden Schritt gemacht hat. Denn für die Hauptstadt Monrovia, wirtschaftliches Zentrum des westafrikanischen Landes, spielt das Kraftwerk am St. Paul River eine zentrale Rolle. „Mit der Sanierung des Kraftwerks Mount Coffee wurde eine der wichtigsten Anlagen im liberianischen Energieversorgungsnetz wiederaufgebaut“, betont Sirleaf.
Gebaut in den 60er Jahren als damals größtes Wasserkraftwerk des Landes wurde es im Bürgerkrieg (1989 – 2003) schwer beschädigt. Zur Ruine wurde es endgültig, als die elektrischen und mechanischen Komponenten durch Plünderungen verwüstet wurden. Nur noch Teile des Damms und die Druckleitungen aus Stahl blieben intakt. Ein schwerer Rückschlag für den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt des Landes. Monrovia war ab 2006 auf teure, nicht erneuerbare Diesel-Stromerzeugung angewiesen, um den Energiebedarf zu decken.
Um die Lage zu verbessern, nimmt der Betreiber, die Liberia Electricity Corporation (LEC) die Modernisierung in Angriff: Mit internationalen Partnern wird die Finanzierung des Großprojekts sichergestellt, das damit zum Leuchtturmprojekt für den afrikanischen Kontinent wird. Nicht nur die Funktionalität des Kraftwerks soll im Zuge der Modernisierung wiederhergestellt werden: Eine Leistungssteigerung um rund ein Drittel auf insgesamt 88 MW ermöglicht die Versorgung von einer Million Menschen mit sauberer und nachhaltiger Energie.
Modernisierung unter erschwerten Bedingungen
Das digitale Zeitalter hält mit der Modernisierung Einzug am Wasserkraftwerk Mount Coffee – auf einem mit vielen Hindernissen gepflasterten Weg. Vor allem wegen der begrenzten Infrastruktur im Land und der Ausstattung des bestehenden Kraftwerks waren zahlreiche Überlegungen bei Planung und Installation notwendig.
Schlechte Straßen zwischen der Baustelle und dem Hafen von Monrovia, der etwa 25 Kilometer entfernt liegt, stellen eine Herausforderung für den Transport empfindlicher Ausrüstung dar. Darüber hinaus werden die Arbeiten von April bis Oktober durch heftige Regenfälle gestört – ein sorgfältig ausgearbeiteter Arbeitsplan ermöglichte die Bewältigung der kompletten Lieferkette in der Trockenzeit.
Nicht einmal unvorhersehbare Ereignisse wie die Ausbreitung des Ebola-Virus im Jahr 2014 und viele Malariaerkrankungen im Team konnten die Sanierungsarbeiten verzögern, wie Baustellenleiter Franz Bayrle berichtet: „2016 hatten wir allein in meinem Team 35 Malariafälle. Aber die Arbeit in dem multikulturellen Team mit Mitgliedern aus Liberia, Pakistan, Indonesien, Deutschland, Norwegen und Schweden ging gut voran. Ich bin sehr zufrieden mit ihnen.“
Minimaler Umbau für höchste technische Anforderungen
Im Vergleich zum ursprünglichen, 60 Jahre alten Design sind die Anforderungen an die Regelsysteme und elektrische Ausstattung heute wesentlich höher. Dies ist bei einer kompletten Sanierung und Modernisierung nicht untypisch. Das Ziel, die bestehenden Strukturen ohne umfangreiche Änderungen zu nutzen, wurde bei Mount Coffee erreicht.
Durch 3D-Konstruktionstechnik und eine enge Zusammenarbeit der beratenden Ingenieurinnen und Ingenieure kann der vorhandene Raum effektiver genutzt werden. Notwendige Umbauarbeiten an der Gebäudeinfrastruktur wurden auf ein Minimum reduziert: Nur wenige Dutzend Kerne mussten gebohrt und zwei neue Trennwände errichtet werden, um die komplette Elektronik nach dem neuesten Stand der Technik zu installieren. Heute ist die modernisierte Anlage mit einem Voith-Automatisierungssystem, digitalen Reglern und einer hochmodernen Steuereinheit ausgestattet.
Investment in die Zukunft: Qualifizierte Arbeitskräfte ausbilden
Um den erfolgreichen Betrieb des Kraftwerks auch für die kommenden Generationen sicherzustellen, ist ein Team aus Fachexpertinnen und -experten vor Ort unverzichtbar. Wissenstransfer ist daher ein zentraler Baustein in der Erfolgsgeschichte des Projektes. Denn so entstehen wichtige Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung.
In der Voith HydroSchool™ wurden Mitarbeiter der Liberia Electricity Cooperation in mehreren Stufen für Betrieb und Wartung der Anlage ausgebildet. Schon während der Bauarbeiten bekamen Sie in einem auf das Projekt abgestimmten Curriculum eingehende technische Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt.
Während das Mammutprojekt im Herbst 2016 vor Ort den letzten Schliff erhält, wird das erste Team neuer LEC-Mitarbeiter zur Schulung in Heidenheim empfangen. Hier gewinnen sie einen tieferen Einblick in das Kraftwerk Mount Coffee, seine Maschinenausstattung und Funktionen. Die Teilnehmer fühlen sich auf ihre kommenden Aufgaben gut vorbereitet: „Alle Lektionen waren hilfreich für den OMT-Prozess von Mount Coffee.“
Auch Cherie Ferrari, Leiterin Customer Education and Training zufrieden: „Dieses Projekt ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie eine zuverlässige Stromversorgung aus Wasserkraft in Verbindung mit qualifizierten Technikern vor Ort das wirtschaftliche und soziale Gefüge von Ländern wie Liberia wirklich stärken kann.“
Mit Unterstützung von Voith und seinen Projektpartnern wird das Team vor Ort den Auftrag von Präsidentin Sirleaf erfüllen, die zuverlässige Stromversorgung von Liberia zu erhalten.
Leistungsumfang Mount Coffee
- Aggregat: Francis Turbinen & Generatoren
- Kraftwerkskran
- Elektrische Ausrüstung & Steuerungstechnik
Technische Eckdaten
- 4 Vertikalwellen-Francis-Turbinen
- 88 MW maximale Anlagenleistung (erhöht von ursprünglich 64 MW)
- Gesamtscheinleistung 108 MVA
- Fallhöhe 23,1m
- Sychrondrehzahl 142,86 rpm