Wasserstoff – Energieträger der Zukunft
Um den globalen Klimakollaps zu verhindern, muss der weltweite Ausstoß von Treibhausgas massiv reduziert werden. Davon ist die Menschheit im Augenblick noch weit entfernt, derzeit befinden wir uns sogar auf einem Maximum des CO2-Ausstoßes. Etwa die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen lassen sich alleine auf die Industrie und den Transport zurückführen. Die Energieerzeugung muss also besonders in diesen Bereichen auf saubere und ressourcenschonende Technologien umgestellt werden.
Hier kommt Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ins Spiel: Wasserstoff hat erhebliches Potenzial, zur Dekarbonisierung beizutragen. H2, so die chemische Abkürzung, gilt daher als Schlüsseltechnologie einer nachhaltigen Energiewende – gerade in den kritischen Bereichen Industrie und Transport. Vorausgesetzt, H2 wird grün produziert.
Was ist grüner Wasserstoff?
In der Regel tritt Wasserstoff nicht als freier Stoff, sondern als Teil größerer Molekülverbindungen auf, wie zum Beispiel in Wasser (H2O). Um als Energieträger in Frage zu kommen, muss er durch energieintensive chemische Verfahren gelöst und in einen Reinzustand gebracht werden. Wasserstoff kann dabei auf verschiedene Arten gewonnen werden, die mehr oder weniger klimafreundlich sind.
- Grauer Wasserstoff wird mithilfe von fossilen Energieträgern gewonnen. Unter anderem setzt die sogenannte Dampfreformierung dabei auch CO2 frei.
- Blauer Wasserstoff wird auf demselben Weg wie grauer Wasserstoff gewonnen. Das entstehende CO2 wird jedoch im Produktionsprozess abgefangen. Etwa 90 Prozent des Kohlenstoffdioxids kann so zum Beispiel später in Böden eingelagert werden.
- Nur grüner Wasserstoff entsteht ganz ohne direkte Emissionen von CO2 oder anderen Treibhausgasen. Bei der sogenannten Elektrolyse wird Wasser mit grünem Strom gespalten und in seine beiden Elemente Wasserstoff und Sauerstoff zersetzt.
Wasserstoff als nachhaltige Alternative zu fossilen Energieträgern
Grüner Wasserstoff kann in Zukunft als nachhaltiger Energieträger genutzt werden, um Öl, Kohle oder Erdgas zu ersetzen. Wasserstoff hat den Vorteil, dass aus erneuerbaren Energien erzeugter grüner Strom speicherbar und transportierbar gemacht werden kann. Dadurch können räumliche und zeitliche Lücken in der Energieversorgung überbrückt werden.
Besonders für die Bereiche Transport und Industrie ist das eine wertvolle Eigenschaft. Im Schwerlastverkehr haben Wasserstoffantriebssysteme Vorteile gegenüber reinen Elektroantrieben: Wasserstoff erhöht die Reichweite von Lkws beträchtlich. Ab 2030 wird Wasserstoff hier den Diesel nach Expertenmeinungen bezüglich Rentabilität übertreffen. Ebenfalls bei Flugzeugen oder Schiffen kann aller Voraussicht nach der Wasserstoffantrieb eine wichtige Rolle spielen, um die fossilen Energieträger abzulösen.
Auch in der Industrie wird grüner Wasserstoff die Energiewende vorantreiben. Laut Erneuerbare-Energien-Richtlinie REDII der EU müssen bis 2030 32 Prozent des Energieverbrauches aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. 80 Prozents des Bedarfs an grünem Wasserstoff werden bis dahin aus der Industrie kommen. Beispielsweise können Einsatzstoffe wie synthetische Kraftstoffe, Ammoniak oder Methanol mithilfe von grünem Wasserstoff erzeugt werden, ebenso wie neue Rohstoffe in der Stahlindustrie.
Schlüsselbereiche der grünen Wasserstoff-Wertschöpfungskette
Zwar ist die Energieversorgung durch Wasserstoff heute noch nicht wettbewerbsfähig, doch das wird sich ändern. Die politische Bereitschaft ist vorhanden, die Technologien stehen in den Startlöchern. Voith deckt Schlüsselbereiche der Wasserstoff-Wertschöpfungskette ab, von der Erzeugung über Transport und Speicherung bis zur Nutzung.
Wasserstofferzeugung durch Wasserkraft
Neben den fluktuierenden Erzeugungsarten wie Wind- und Solarenergie gibt es einen „Hidden Champion“ unter den erneuerbaren Energiequellen, der sich optimal zur Erzeugung grünen Wasserstoffs eignet: die Wasserkraft. Unter den nachhaltigen Arten der Energiegewinnung ist sie der absolute Spitzenreiter und erzeugt 64 Prozent der grünen Energie. Diese bewährte, berechenbare und preislich wettbewerbsfähige Technologie spielt somit eine wichtige Rolle bei der Energiewende.
Diese Vorteile lassen sich für die Gewinnung grünen Wasserstoffs nutzen. Zum einen ist frisches Wasser – der Ausgangsstoff für die Produktion von H2 – in großen Mengen direkt vor Ort vorhanden. Zum anderen haben Wasserkraftwerke eine extrem hohe Lebensdauer von bis zu 40 Jahren, bis die ersten Modernisierungen anstehen. Aber auch der konkurrenzlos hohe Wirkungsgrad von über 90 Prozent bei modernen Anlagen und der kontinuierliche Betrieb spielen eine zentrale Rolle. Vor allem Laufwasserkraftwerke mit teilweise über 6.000 Volllaststunden pro Jahr bieten bei verhältnismäßig niedrigen Kosten die ideale Basis für Elektrolyseanlagen zur Wasserstoffgewinnung. Voith ist ein führender Anbieter in der Wasserkraft.
Transport über Wasserstoffpipelines
Um den erzeugten Wasserstoff bis zu den Wasserstofftankstellen oder Industrieanlagen zu transportieren, werden unter anderem Wasserstoffrohrleitungen bzw. Pipelines verwendet. Bislang misst das weltweite Netz an Wasserstoffpipelines etwa 4.300 km. In Zukunft wird die Infrastruktur weiter ausgebaut werden, auch durch öffentlich geförderte Projekte wie beispielweise der „Europäische Wasserstoff Backbone.“ Bis 2040 sollen innerhalb des europäischen Projektes bis zu 53.000 km Pipeline in insgesamt 28 Ländern verlegt werden.
Zunächst werden die Pipelines voraussichtlich eine Mischung aus Wasserstoff und Erdgas transportieren. Schrittweise werden aber binnen 20 Jahren reine H2-Pipelines entstehen. Diese werden ein zentraler Bestandteil des H2-Transports sein. Voith nutzt seine bestehende Expertise im Bereich neuer Antriebstechnologien für Wasserstoffpipelines.
Speicherung in Wasserstoff-Hochdruckbehältern
Um Wasserstoff an Bord eines Fahrzeugs nutzen zu können, muss er in kleineren Mengen gespeichert werden. Das gelingt durch extra entwickelte Gasspeichertanks. Diese müssen hohen Sicherheitsstandards genügen, da sie mit bis zu 700 bar und mit dem hoch-entzündlichen Wasserstoff betankt werden. Gerade bei Wasserstofffahrzeugen, egal ob Wasserstoff-Brennstoffzelle oder Wasserstoff-Kolbenmaschine, muss ein solcher Tank auch Unfällen standhalten. Aufgrund dieser Faktoren zählen die Gasspeicher als einer der anspruchsvollsten Systembestandteile bei Wasserstofffahrzeugen.
Voith arbeitet an der nächsten Generation der Wasserstoff-Hochdruckbehälter für Brennstoffzellen-Fahrzeuge, der diese Anforderungen erfüllen kann: Der innere Teil des Tanks besteht aus Kunststoff. Um den inneren Teil herum wird kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (CFK) mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) und Wickelsimulationen gespannt. Dadurch werden die neuen Tanks günstiger, leichter und belastbarer.
Nutzung mittels Wasserstoff-Brennstoffzellen
Um Energie mit Wasserstoff freizusetzen, muss die Elektrolyse, die davor Wasserstoff und Sauerstoff getrennt hat, umgekehrt werden. Der Wasserstoff aus dem Wasserstofftank reagiert mit dem Luftsauerstoff und bildet Wasser als „sauberes“ Abfallprodukt. Dieser Vorgang geschieht in einer Brennstoffzelle: Bei der chemischen Reaktion an Anode und Kathode wird die chemische in elektrische Energie gewandelt.
Der gewonnene Strom wird bei kontinuierlichem Betrieb nicht nur direkt in den Antrieb gesteckt, sondern Teile werden in einer Batterie zwischengespeichert. Das hat den Vorteil, dass Lastspitzen bei Beschleunigungen abgedeckt sind, und auch Bremsenergie in der Batterie gespeichert werden kann.
Komponenten für den Wasserstoff-elektrischen Antriebsstrang
Egal ob die elektrische Energie durch Wasserstoff-Verbrenner oder Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugt und über eine Pufferbatterie zwischengespeichert wird (Range-Extender), sie muss über einen elektrischen Antriebsstrang in Bewegungsenergie am Rad umgesetzt werden.
Voith hat hierfür einen kompletten elektrischen Antriebsstrang für Stadtbusse entwickelt (Voith Electrical Drive System) der bereits in rein Batterie-elektrischen Fahrzeugen im Markt eingeführt ist. Der Antriebsstrang für Lkw-Anwendungen mit den Kernkomponenten Traktionsumrichter, Zentralelektromotor und Getriebe befindet sich gerade in der Entwicklung und wird ab 2023 zur Verfügung stehen.
Voith setzt auf grünen Wasserstoff
Für Voith ist das Thema Wasserstoffgewinnung und Wasserstoffnutzung von großer Bedeutung. Daher verstärkt das Unternehmen sein Engagement in allen relevanten Bereichen der Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Die Anknüpfungspunkte sind vielfältig: Die Voith Expertinnen und Experten aus den Bereichen Wasserkraft, Antriebstechnik und Voith Composites arbeiten kontinuierlich an Strategien und Konzepten, um aus innovativen Ideen zukunftsfähige und vermarktungsfähige Technologien im Bereich Wasserstoffnutzung zu entwickeln. Damit leistet Voith einen entscheidenden Beitrag zur Dekarbonisierung der Industrie.