CargoFlex Frachtkupplungen: Wichtiger Baustein des European Green Deal.
Die Mobilitätswende rückt den Gütertransport per Zug verstärkt in den Fokus. In Europa gibt der Green Deal den Fahrplan in eine nachhaltige Zukunft vor: Bis 2050 sollen die EU-Staaten CO2-neutral wirtschaften. Ein wichtiges Instrument im Verkehrssektor ist die verstärkte Verlagerung des Gütertransports auf die Schiene. Der Anteil soll von 18 % im Jahr 2022 auf 30 % bereits im Jahr 2030 steigen. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, sind neue digitale Technologien erforderlich, die von der EU gefördert werden.
Europas größter Rangierbahnhof in Hamburg-Maschen: Mit Digitalen Automatischen Kupplungen (DAK) können Züge schneller zusammengestellt, schwerer beladen und schneller gefahren werden.
EU Green Deal:
Fahrplan für die CO2-Reduktion
Klimaneutral bis 2050: Der Green Deal erfordert von allen Mitgliedstaaten große Anstrengungen, insbesondere im Verkehrssektor.
Manuelles Kuppeln verlangsamt die Abfertigung
Er ist 280 Hektar groß und ausgelegt für ein Umschlagsvolumen von 11.000 Güterwaggons. Bei aller Geschäftigkeit auf Europas größtem Rangierbahnhof in Hamburg-Maschen macht ein Termin vor Ort schnell deutlich, worin der Flaschenhals im Schienengüterverkehr besteht – und dass das Potenzial nicht ausgeschöpft wird: Die Züge müssen zunächst zusammengestellt werden, bevor sie ihre Waren verteilen können. Jeder einzelne Güterwaggon muss manuell gekuppelt werden – in Hamburg-Maschen bis zu 3.500-mal am Tag. Das sind über 100 Güterzüge mit einer Länge von bis zu 500 Metern, die Mitarbeiter im gefährlichen Bereich zwischen den Waggons kuppeln oder entkuppeln. Mit dem Rangieren, dem Durchführen von Bremsproben sowie der Untersuchung der Waggons kann allein die Zugvorbereitung eine ganze Schicht in Anspruch nehmen.
„An diesen Abläufen hat sich in den vergangenen 100 Jahren nur wenig geändert“, sagt Niklas Weidert, Key Account Manager Freight Couplers bei Voith Turbo. Es wird daher gespottet, dass ein Lkw bereits am Ziel ist, bevor der Güterzug überhaupt den Bahnhof verlassen hat. Höchste Zeit also, diese Prozesse radikal zu beschleunigen und zu modernisieren. Neben dem einheitlichen automatischen Kupplungssystem für rund 450.000 Güterwaggons sowie etwa 27.000 Lokomotiven in Europa soll mit dem neuen Standard der Schienengüterverkehr auch digitalisiert werden.
Bisheriges Zusammenstellen eines Güterzugs:
Workout auf dem Rangierbahnhof am Beispiel Hamburg-Maschen: Der bestehende Kupplungsprozess ist echte Knochenarbeit. Deshalb unterstützen auch Bahn-Gewerkschaften in ganz Europa die Einführung der neuen Technik und der automatisierten Prozesse durch die DAK.
30kg Gewicht pro Zughaken wuchten – an bis zu 100 Waggons pro Güterzug
100x Test von Strom, Bremsen, Luft – an jedem einzelnen Waggon
Personal entlasten, Sicherheit steigern
Bei den Digitalen Automatischen Kupplungen verbinden sich im Augenblick des Kuppelns zweier Waggons neben der Bremsluft- auch Strom- und Datenleitungen der einzelnen Wagen automatisch. Bislang müssen Rangierarbeiter in den gefährlichen Raum zwischen die Wagen treten und die bis zu 30 Kilogramm schweren Zughaken miteinander verbinden. Und das bis zu 100-mal pro Zug, bei Wind und Kälte, tags wie nachts. „Mit der DAK erhalten Betreiber komplett neue Möglichkeiten, die Sicherheit für Mitarbeiter zu erhöhen sowie die Effizienz der Transporte zu steigern“, sagt Niklas Weidert. Er nennt die automatische Bremsprobe als Beispiel: „Vor Abfahrt eines Zugs zeigt das System dem Lokführer zukünftig innerhalb weniger Minuten das ordnungsgemäße Funktionieren jeder einzelnen Bremse auf seinem Führerpult an. Heute muss der Rangierer den Zug teilweise komplett ablaufen, hin und zurück, was bei einem 500 Meter langen Zug viel Zeit kostet.“
Bei den Digitalen Automatischen Kupplungen verbinden sich neben der Bremsluft- auch Strom- und Datenleitungen von Güterwagen automatisch.
Treibende Kraft der Digitalen Automatischen Kupplung
Das Projekt zur Einführung der DAK wurde von Europeʼs Rail, einem Gremium der Europäischen Union, mit dem European DAC Delivery Programme (EDDP) ins Leben gerufen. Das europäische Konsortium DAC4EU hat im Rahmen des Programms den Einsatz der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) im Schienengüterverkehr von Juni 2020 bis Dezember 2022 europaweit getestet. Dafür hatten sechs Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz den Zuschlag für das Forschungsprojekt „DAK Demonstrator für den Schienengüterverkehr“ des deutschen Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) erhalten. Mitglieder des Konsortiums DAC4EU sind die Deutsche Bahn und ihre Tochter DB Cargo, die schweizerische und die österreichische Güterbahn SBB Cargo und Rail Cargo Austria sowie die Wagenhalter Ermewa, GATX Rail Europe und VTG.
Zur Auswahl standen unterschiedlichste Systeme wie die Scharfenbergkupplung, die Schwab-Kupplung oder die besonders in Osteuropa verbreitete SA3-Kupplung. Das Testprogramm war für jeden Kupplungstyp identisch.
Das Prinzip hinter der CargoFlex Kupplung von Voith ist Testsieger
Die Tests haben ergeben, dass die auf dem Scharfenberg-Prinzip basierende CargoFlex Kupplung von Voith Turbo gegenüber bisherigen Lösungen die Entgleisungssicherheit der Güterwaggons deutlich erhöht. Die CargoFlex hat in allen Tests die maximale Punktzahl erreicht. Das Kuppeln der Strom- und Datenleitungen erfolgte zuverlässig ohne aufwendige Ansteuerung und Betätigung. Auch bei Wintertests unter klimatischen Extrembedingungen in Schweden, den Schweizer Bergen sowie in der Klimakammer der DB Cargo in Minden zeigte die CargoFlex eine hervorragende Performance. Selbst bei Temperaturen von minus 40 °C und einem halben Meter Neuschnee funktionierte sie dank technischer Anpassungen an der Kupplungsfront einwandfrei. Das EDDP hat deshalb nach intensiven Prüfungen und Auswertungen aller Testergebnisse im September 2021 das Scharfenberg-Design, auf dem die CargoFlex Kupplung von Voith basiert, als europäischen Standard festgelegt. Die Betriebserprobung hat jedoch gezeigt, dass die Prototypen noch Optimierungsbedarf haben und weitere Tests notwendig sind. Deshalb hat das BMDV eine Verlängerung des Projekts bis Juni 2024 beauftragt.
In den kommenden Jahren sollen in Europa etwa 27.000 Lokomotiven und ca. 450.000 Güterwagen mit der DAK nachgerüstet werden.
Aufbau der CargoFlex Kupplung von Voith Turbo
Erfolgreich in der Praxis erprobt: Die CargoFlex Kupplung ist bereits seit 2019 bei der SBB im kommerziellen Regelbetrieb im Einsatz.
Vorsprung bei der Umrüstung: Voith Turbo bereitet Güterwaggons bereits vor
Voith Turbo bietet Wagenbetreibern bereits heute einen einfachen und risikofreien Einstieg in die Welt des automatischen Kuppelns. Mit der Vorbereitung der Wagen auf „DAC-ready“ stattet das Unternehmen Bestandsgüterwagen mit dem Energieverzehr-System der CargoFlex aus. Diese sogenannte Zug-Stoß-Einheit findet im standardisierten UIC-530-1-Bauraum des Güterwagens ihren Platz, während Zughaken und Puffer am Fahrzeug verbleiben. In einem zweiten Schritt können sie dann in ganz Europa zeitgleich demontiert und das Kupplungsvorderteil der CargoFlex montiert werden.
Zukünftig werden die Kupplungen neben Strom auch Daten durch den gesamten Zug übertragen. „So entsteht aus einem einfachen Güterwagen nicht nur ein smarter Wagen, sondern ein intelligenter Zug, der permanent Daten liefert, sich selbst steuert und überwacht und mit seiner Umwelt interagiert“, so Niklas Weidert.
Die Kooperationsplattform EDDP
Das European DAC Delivery Programme (EDDP) ist eine europaweite offene Kooperationsplattform, um Schienenverkehrsunternehmen aller Bereiche zusammenzubringen. Ziel ist es, den europäischen Schienengüterverkehr durch technologischen Fortschritt nachhaltig und attraktiv zu machen sowie die reibungslose, technisch und wirtschaftlich machbare europaweite Umstellung des Güterverkehrs voranzutreiben.