CargoFlex von Voith Turbo: Der europäische Rollout rückt näher.
Im Rahmen des European Green Deal hat sich die EU das ehrgeizige Ziel gesetzt, dass 30 % der Güter auf der Schiene transportiert werden. Ein Schlüssel dazu ist eine deutlich schnellere Zusammenstellung und Abfertigung von Güterzügen sowie eine deutlich höhere Streckenauslastung. Um diese Ziele zu realisieren, sollen Güterwagen und Lokomotiven in der EU mit Digitalen Automatischen Kupplungen (DAK) ausgestattet werden.
Das Europe's Rail Joint Undertaking (EU-Rail) Flagship Project 5 – TRANS4M-R koordiniert den Weg zur Marktreife der DAK in der EU. In einem vorgelagerten Projekt erreichte die CargoFlex die höchste Punktzahl und trug somit einen wesentlichen Teil zur Entscheidung des zukünftigen Standards für den Kupplungskopf bei. Der aktuelle Entwicklungsstand der Digitalen Automatischen Kupplung wird derzeit im Flagship Project 5 TRANS4M-R getestet und erprobt. Zunächst auf einem abgetrennten Bahngelände des Train Test Lab in Berlin. Anschließend verkehren Demonstratorzüge durch fünf Länder Europas. Jeder Schritt in Richtung der Marktreife erfolgt unter intensiver Beteiligung durch die DAK-Experten von Voith Turbo.
Voith Turbo gibt alles, damit es auch im Schienengüterverkehr digital Klick macht: CargoFlex, die Digitale Automatische Kupplung für Güterzüge von Voith Turbo, ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum geplanten europaweiten Rollout der Technologie.
Aktueller CargoFlex Entwicklungsstand
Aktueller CargoFlex Entwicklungsstand
Weitere Funktionen
Weitere Funktionen
2024 ist ein wichtiges Jahr für die CargoFlex, die DAK von Voith Turbo: Im Jahr des 150. Geburtstags ihres Erfinders Karl Scharfenberg, eines der wichtigsten Pioniere der Voith Historie, kommt die CargoFlex ihrer Markteinführung in der EU nahe. Zugleich feiert der Voith Standort Salzgitter, wo die CargoFlex maßgeblich entwickelt wird, sein 75-jähriges Jubiläum.
Die Vorbereitung zur DAK-Einführung im europäischen Schienengüterverkehr nimmt Fahrt auf
Mit insgesamt sechs sogenannten Flagship Projects des Europe's Rail Joint Undertaking (EU-Rail) verfolgt die EU das Ziel, den Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene in Europa auf 30 % zu steigern. Eine bedeutende Rolle für das Erreichen dieses Ziels kommt der Digitalen Automatischen Kupplung zu.
Das mechanische Prinzip hinter der DAK hat Voith Pionier Karl Scharfenberg bereits vor mehr als 100 Jahren erfunden. In Personenzügen kommen Scharfenbergkupplungen bereits seit Jahrzehnten zum Einsatz. Der Hauptvorteil des Scharfenberg-Prinzips: Manuelles Kuppeln durch Bahnarbeiter im gefährlichen Bereich zwischen den Wagen entfällt.
Die CargoFlex integriert neue digitale Funktionen wie das automatische Ausführen von Bremstests. Darüber hinaus beschleunigt die digitale Datenverbindung unter anderem die Zusammenstellung von Güterzügen und trägt dazu bei, Bahnnetze höher auslasten zu können.
Im Flagship Project 5 TRANSF4M-R (FP5-TRANSF4M-R) werden die Digitalen Automatischen Kupplungen für Güterwagen und -loks praxisnah getestet und erprobt – mit intensiver Beteiligung der Experten von Voith Turbo. In verschiedenen Testreihen müssen die CargoFlex sowie die Kupplungen von drei weiteren Anbietern ihre Funktionstüchtigkeit und Zuverlässigkeit beweisen. Den Fortschritt messen die FP5-Verantwortlichen auch durch Quality Gates, wie sie für Industrie-Entwicklungen üblich sind. Zunächst auf Prüfständen, danach unter Testbedingungen auf Gleisen.
Das EU-Joint Undertaking Europe’s Rail koordiniert mit dem European DAC Delivery Programme (EDDP) den Weg der DAK für Güterzüge auf ihrem Weg zur Marktreife, darunter die CargoFlex von Voith Turbo. Wie die Einführung der neuen Kupplung den Schienengüterverkehr ausbauen und flexibilisieren soll, darüber informiert das Video.
Übersicht Flagship Project 5
TRANS4M-R
Ab 2023
Tests von
Funktionen im
Train Test Lab Berlin
> Festlegung der Quality Gates
> Durchführung von Langzeittests
an Prüfstanden und auf
abgetrennten Bahngleisen
Herbeiführung der Marktreife durch Erprobung der ...
> mechanischen und digitalen Funktionen,
> Zuverlässigkeit und Robustheit,
> Interoperabilität.
> Tests zur Wagensortierung und Zugzusammenstellung
am Ablaufberg (Mannheim)
2023-2026
Felderprobung
> Demonstratorzug in Schweden und Norwegen
> Demonstratorzug in Österreich
> Demonstratorzug in Italien
> Demonstratorzug in der Schweiz
Testing im Train Test Lab
Die Bahnexperten des Flagship Projects 5 TRANS4M-R haben typische Anwendungsfälle im Schienengüterverkehr definiert, insbesondere zur komplexen Zusammenstellung der Güterzüge inklusive dem Rangieren. Im Train Test Lab in Berlin werden diese Testreihen unter der Federführung der DB Cargo zunächst auf einem abgetrennten Bahngelände durchgeführt. Das Abdrücken von Güterwagen am Ablaufberg testet das FP5-Team im südwestdeutschen Mannheim. Als Abdrücken bezeichnen Eisenbahner das Sortieren von Güterwagen, die dabei auf eigener Achse von einem Hügel rollen und auf verschiedene Gleise verteilt werden, um sie ent- oder beladen zu können oder um sie zu neuen Güterzügen zusammenzureihen.
Neben der Funktionssicherheit der DAK geht es beim Flagship Project 5 auch um die Interoperabilität. Da voraussichtlich mehrere Anbieter die Kupplung anbieten werden, müssen diese reibungslos miteinander kuppeln und die digitalen Schnittstellen kompatibel sein, bevor sie im öffentlichen Testbetrieb erprobt werden.
Dem Train Test Lab wurden verschiedene Güterloks und -wagentypen aus mehreren Ländern der EU zum Test der DAK zur Verfügung gestellt. Diese Wagen bilden am Ende der Testreihen in Berlin und Mannheim Teile der Demonstratorzüge, mit denen die FP5-Experten die DAK vor ihrem Einsatz im echten Fahrbetrieb durch Schweden, Italien und Österreich erproben. Der schwedische DAK-Demonstratorzug hat jüngst den Testbetrieb aufgenommen.
Vorbereitung des DAK-Rollouts in der EU
Das Ziel des Flagship Projects 5 TRANS4M-R ist es, den europäischen Schienenverkehr als Rückgrat eines emissionsarmen und robusten Gütertransports zu stärken. Die dafür nötigen Lösungen sollen innerhalb des Projekts in zwei Technologieclustern erarbeitet werden: Seamless Freight Operation, der nahtlose beziehungsweise interoperable Frachtbetrieb, und Full Digital Freight Train Operation (FDFTO), also der voll digitale Betrieb von Güterzügen. Das Engagement von Voith Turbo für die Entwicklung der CargoFlex zum geplanten Rollout in der EU ist Teil des Technologieclusters FDFTO.
FDFTO schafft Mehrwerte über die reine Kupplung hinaus. Das System macht Güterzüge bereit für das European Train Control System (ETCS) sowie für Digitale Stellwerke (DSTW). Diese nationalen Zugsicherungssysteme werden zu einem
FDFTO schafft Mehrwerte über die reine Kupplung hinaus. Das System macht Güterzüge bereit für das European Train Control System (ETCS) sowie für Digitale Stellwerke (DSTW). Diese nationalen Zugsicherungssysteme werden zu einem einheitlichen europäischen Standard harmonisiert. Grenzüberschreitende Transporte sind dadurch deutlich vereinfacht. Auch eine höhere Auslastung der Streckennetze ist möglich, weil Züge in kürzerer Abfolge Gleise befahren können.
einheitlichen europäischen Standard harmonisiert. Grenzüberschreitende Transporte sind dadurch deutlich vereinfacht. Auch eine höhere Auslastung der Streckennetze ist möglich, weil Züge in kürzerer Abfolge Gleise befahren können.
Die CargoFlex leistet dazu mit ihren digitalen Systemfunktionen einen wichtigen Beitrag. So kann durch die Datenleitung eine automatische und kontinuierliche Zugintegritätsprüfung erfolgen. Das bedeutet, dass die Vollständigkeit des Zuges mit allen Wagen an den Führerstand und die Leitzentrale gemeldet wird – anstatt wie bisher lediglich an ausgewählten Stellen entlang der Strecke die Wagen mechanisch zu zählen. Durch das digitale System können auch längere Güterzüge als bisher verkehren: Bis zu 750 m Länge und 50 Wagen sind möglich.
Die Digitale Automatische Kupplung vereinfacht auch die Abläufe bei der Zusammenstellung von Güterzügen und ihrer Auflösung am Zielbahnhof. Wagen können beispielsweise während der Fahrt abgedrückt, also vom Zug getrennt werden, um auf ihre vorgesehenen Gleise im Güterbahnhof zu rollen. Die CargoFlex kann beim eigenständigen Rollen eine Sperrstellung einnehmen, die sogenannte Prevent-Coupling-Stellung. Dies verhindert das erneute Kuppeln von Wagen im Rangierbetrieb.
Die CargoFlex kann bereits automatisch kuppeln, Strom und Daten übertragen.
Drei Fragen an
Christian Radewagen,
Senior Vice President Cargo Rail
bei Voith Turbo
Was sind aktuell die technischen Herausforderungen für Sie und Ihr Team bei der Erlangung der EU-Zulassung für die CargoFlex?
Die Anforderungen an eine Scharfenbergkupplung im Güterverkehr unterscheiden sich stark von denen im Personenverkehr. Die Kupplungen müssen deutlich einfacher, aber robuster sein. Wir haben es mit höheren Kraftanforderungen zu tun. Dazu mussten wir die Dauerfestigkeit der Kupplung von 200 auf 300 kN steigern.
Bei Personenzügen sind Digitale Automatische Kupplungen nach dem Scharfenberg-Prinzip bereits seit vielen Jahrzehnten erfolgreich im Einsatz. Für den Güterverkehr wurde die Technologie jedoch bisher nicht eingeführt. Wodurch unterscheiden sich die beiden Anwendungsfälle?
Die meisten Güterwagen werden für jede Fahrt zu neuen Zügen zusammengestellt. Zuvor stehen sie auf einem Bahngelände. Das heißt, sie sind möglicherweise vereist. Durch die vielen Wagen eines Güterzugs ist Auftauen durch Beheizen keine Option, weil die Lokomotive die dafür benötigte Energie nicht bereitstellen kann. Hinzu kommt die stärkere Verschmutzung gegenüber Personenwaggons. Die CargoFlex ist so robust konstruiert, dass sie diesen Widrigkeiten dauerhaft standhält und trotzdem zuverlässig funktioniert.
Welche Schritte stehen noch aus, bevor die CargoFlex in ganz Europa unterwegs sein kann?
Die digitalen Funktionen werden derzeit noch schrittweise ergänzt. Mittlerweile sind wir von Voith Turbo sehr weit – und liegen vor dem Zeitplan. Wir können bereits automatisch kuppeln, Strom und Daten übertragen. Nur das Abtrennen von Wagen von der Lok aus wird derzeit noch implementiert. Für die EU-weite Einführung ist jedoch auch die Interoperabilität besonders kritisch. Unsere CargoFlex muss gemeinsam mit DAK von drei weiteren Anbietern sicher funktionieren. Deshalb macht es Sinn, dass die letzten Entwicklungsschritte zentral koordiniert werden. Ich denke, wir werden nächstes, spätestens übernächstes Jahr den vollen DAK-Funktionsumfang in den Demonstratorzügen testen können. Wenn das abgeschlossen ist, wird es richtig spannend. Dann steht die Umrüstung von europaweit insgesamt 450.000 Güterwagen sowie etwa 27.000 Lokomotiven an, deren Migration wir bereits vorbereiten.
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